Die schwäbische Geschichte

Von der Erschaffung der Erde bis zu Karl dem Kahlen

Illustriert von Alexandra Holler | Titelbild von Rainer Simon
7. Auflage 2014  |  224 Seiten  |  19,90 Euro

Wo bitteschön auf dieser ganzen Erdenkugel, ja wo in Europa zwischen Paris und Prag, Pasewalk und Palermo findet sich sonst noch eine solche Walhalla voll Supergscheitle und Genies, Dichter und Denker, Tüftler und Erfinder, Weltverbesserer im besten Sinne des Wortes und weiterer Wohltäter der Menschheit wie hierzuländle im »Land der hellen Köpfe und der geschickten Hände« - hier in Hölderlins »Glückselig Suevien«?

Dennoch werden wir von vielen Neidhammeln, Schnöseln und hergelaufenen Schnellschwätzern als eine hinterwäldlerische Ansammlung dumpfer Spätzlesmampfer, geiler Geizkrägen, kretinistischer Kehrwochenfanatiker und sprachlich Behinderter beschimpft und verachtet.

Um diesem seit über 1750 Jahren im Herzen Europas beheimateten friedfertigen Völkle der Schwaben = Alemannen als dem intelligenteschten, liebenswürdigschten und zugleich bescheidenschten unter den Stämmen Germaniens endlich die ihm gebührende Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, durfte der Landeshistoriker Dr. Gerhard Raff fünf kurze Jahre lang in vierzehntäglichem Rhythmus in der »Sonntag Aktuell« die »Schwäbische Geschichte« von der Erschaffung der Erde an erzählen. Er tat dies gewohnt geistvoll, spritzig und amüsant und mit einer gehörigen Portion Ironie, Augenzwinkern und Frechheit. So frech, dass er auf politischen Druck von oben seine bei der geneigten Leserschaft so außerordentlich beliebte Serie leider vorzeitig abbrechen musste ...

Und dies, obwohl nicht lange zuvor eine von der Anstalt Stetten verschickte Broschüre mit den gesammelten Photokopien der ersten hundert Folgen dieser innerhalb weniger Tage Spenden in einer Höhe von weit über einer halben Million Mark eingebracht hatte…

Nachwort zur 4. Auflage 2000

"Die Schwäbische Geschichte" erschien von Anfang 1988 bis Ende 1992 in der "Sonntag Aktuell" und erfreute (mit Ausnahme etlicher in den braunen Sümpfen der germanischen Urwälder geistig zurückgebliebener Zeit- & Volksgenossen, die irren ordograviech nickt imer einwantfreien Pamflöten schon öfters mal ein Hitlerheiligenbildchen oder eine Prügelandrohung beifügten) eine große, trotz Dialekts sogar multinationale Leserschaft, die alle sozialen und intellektuellen Schichten umfaßte und vom Herrn Bundespräsidenten bis zum Herrn Bahnwärter, von der Frau Putz bis zur Frau Professor reichte.

Die hierfür erhaltenen fürstlichen Honorare ermöglichten dem seit 1979 stellungslosen Verfasser die nulltariflich besoldete, aber kostenträchtige Arbeit am zweiten Band seines mittlerweile so millionenträchtigen Benefizbestsellers "Hie gut Wirtemberg allewege!". Dafür namens aller Beschenkten ein herzliches Dankschee.

Nach (bis heute) unerforschlichem höherem Ratschluß mußte (trotz einer durch ein mittels des Versandes der gesammelten Photokopien erzieltes, geradezu unschwäbisch hohes Spendenaufkommen bewiesenen herausragenden Leser-Blatt-Bindung) die Geschichte zu Neujahr 1993 zwangsweise abgebrochen werden. Der darob zutiefst betrübte und mehrmals den Schluß aus Friedrich Hebbels Drama "Maria Magdalena" („Ich versteh die Welt nicht mehr!“) seufzende Schreiber wollte sich in der letzten Lektion mit folgendem gutgemeinten Vorschlag verabschieden: Jetz könntet se doch - so wie "Die schwäbische Geschichte" - astandshalber eigentlich au glei no des saudomme Horoskop aus dr "Sonntag Aktuell" nausschmeiße. Hat dieser halbdackelige Heini von verlogenem Astrologe mir net no letzt Woch onter "Beruf“  prophezeit:
"Man braucht Ihre Mitarbeit dringend."

Vergeblich, stattdessen wurde sein schöner Abschiedstext derart entstellt wiedergegeben, dass der Leser den Eindruck gewinnen musste, der Verfasser habe aus Faulheit die Lust an einer Fortsetzung der Geschichte verloren…

Ein Achteljahrhundert nach dem Erscheinen der ersten Folge wird nunmehr doch noch der anhaltenden Nachfrage einer trewen Leserschaft willfahren und dem seit einem starken Jahrzehnt geäußerten Wunsch des jetzigen Hohenheim-Verlegers Ulrich Frank-Planitz (vorm. Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart) nach einer Buchausgabe schweren Herzens nachgegeben. Denn wie ein aufmerksames Auge nicht nur an der unterschiedlichen Länge der Texte feststellen kann, wurden diese seinerzeit aus Platzgründen dronternei redaktionell stark gekürzt, und mangels eines Manuskriptdurchschlages konnte die (onter ons) weitaus spritzigere und urigere Urfassung leider nicht mehr rekonstruiert werden.

Darob enttäuschte Käuferinnen und Käufer seien damit getröstet, daß der Verfasser den ihm erstmals in seiner literarischen Laufbahn zuteilgewordenen Vorschuß sofort nach Erhalt in voller Höhe für soziale und denkmalpflegerische Zwecke verstiftet hat.

Er widmet dieses Buch, unseres schwäbischen Vetters Dietrich Bonhoeffer (†1945) eingedenk, seinem lieben, so tapfer um ihr junges Leben kämpfenden Bäsle Astrid.

Degerloch auf den Fildern, an St.Radegundis Tag 2000 Gerhard Raff

Nachwort zur 7. Auflage 2014

Die allezeit freundliche, noch auf dem Sterbebett strahlende Astrid ist am 5. Juli 2003 ihrer Leukämie erlegen.
Wir bitten in ihrem Sinne, die Arbeit der Deutschen Knochenmarkspenderdatei in Tübingen zu unterstützen.

Auch die Zerstörung unserer Heimat ist seither in unverminderter Weise weitergegangen. Eine Horde hirnarmer Hurgler und Raffkes in Staat, Wirt- und Gesellschaft hat es sich offensichtlich zum Ziel gesetzt, Freund Hölderlins »Glückselig Suevien« in einen einzigen
Kuhfladen aus Beton und Asphalt zu verwandeln und sich so nebenher bei der Vernichtung unserer natürlichen Lebensgrundlagen eine goldene Nase zu verdienen. Diese Räuberbande hat es mittlerweile geschafft, den Verfasser nach der »Sonntag Aktuell« nun auch
noch beim Südpreußischen Radio und Fernsehen verstummen zu lassen. »Hättsch halt dei Gosch ghalte…«

Degerloch auf den zerstörten Fildern,
am 225. Jahrestag der Bastille
Gerhard Raff

LESEPROBE

 

Eine Walhalla voll Obergscheitle


Wiewohl der seit über siebzehnhundert Jahren im Herzen Europas beheimatete Stamm der Schwaben als der liebenswürdigschte, intelligenteschte und zugleich bescheidenschte unter den Stämmen Germaniens der Welt eine ganze Walhalla voll geniale Obergscheitle und Großkopfete, Dichter und Denker, Erfinder, Tüftler und weitere Wohltäter der Menschheit geschenkt hat, haben uns seit dem tragischen Untergang unserer Hohenstaufen bedeutende Teile der restlichen Erdbewohner in ihrem grenzenlosen Neid fortan jahrhundertelang als die ausgewachsenen Deppen der Nation hingestellt, eine Rolle, die wir neuerdings allerdings mit unseren ostfriesischen und österreichischen Brüdern und Schwestern teilen dürfen. Mögen hierzulande die Genies gedeihen wie anderswo die Grombieren, es hilft älles nichts, ein Völkle wie mir, das immerhin die Welfen und die Waiblinger, die Habsburger und die Hohenzollern, einen Eberhard im Bart und einen Herzog Christoph, einen Schiller und einen Schelling, einen Hegel und einen Hölderlin hervorgebracht hat, wird nach wie vor von vielen undankbaren Schnöseln, Schnellschwätzern und hergelaufenen Industrienomaden im Nadelstreifenanzügle als Ansammlung hirnarmer Spätzlesmampfer, Geizkrägen und Kehrwochenfanatiker verachtet. Wobei diese sogar Kronzeugen unter den sogenannten Rundfunk- und Fernsehschwaben vorweisen konnten und können, von denen manche das Vakuum zwischen ihren Ohrläpple geradezu schwäbisch genial zu vermarkten in der Lage sind. Um diesem so sehr verkannten Stamm endlich die ihm gebührende Ehre und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, soll an dieser Stelle im Volkshochschulfernlehrkurs in den kommenden Jahren die schwäbische Geschichte von der Erschaffung der Erde bis zur derzeitigen Späthzle-Republic abgehandelt werden, beziehungsweise die Evolution vom »Horno steinheimensis« zum heutigen »Homo stammheimensis«, eine Bezeichnung, die unsere Gegenwarts(de)generation für ihren bisher beispiellosen Beitrag zur Vernichtung unserer natürlichen Lebensgrundlagen zweifellos verdient hat.

Da die geneigte Leserin, der geneigte Leser als Abonnent einer Tageszeitung ohnehin zur intellektuellen Oberschicht des Landes gezählt werden darf, kann bei ihnen die Gabe der Erkenntnis der in den jeweiligen Lektionen enthaltenen Selbstironie vorausgesetzt werden. Desgleichen das Verständnis dafür, daß diese in der angestammten Muttersprache all der obgenannten großen Geister abgefaßt werden. Der vermehrte Aufwand an Hirn beim Schreiben einerseits und beim Lesen dieser historischen Abhandlungen andererseits ist dann gerechtfertigt, wenn dadurch die Kenntnis vom (und damit die Liebe zum) Ländle zunimmt.
Schon unser herausragender Landsmann Albertus Magnus (t 1280) hat gmoint, daß mr, wenn mr ebbes möge will, des vorher kenne mueß. Ond wenn mr ebbes kennt ond mag, no läßt mr sich ‘s nemme hehmache. Also passet uff ond bleibet xond. Bis bald, en zwoi Woche goes it loose.

Herzog Christoph von Württemberg † 1568


Albertus Magnus † 1280


Johann Christoph Friedrich Freiherr von Schiller † 1805


Georg Friedrich Wilhelm Hegel

† 1831


Johann Christian Friedrich Hölderlin † 1843


Eduard Mörike † 1805


Theodor Heuss † 1963